Nachteilsausgleich

Richtlinien der KSH «Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderung»

1. Grundsatz

Gemäss der schweizerischen Rechtsordnung haben Menschen mit Behinderung einen Anspruch darauf, nicht diskriminiert zu werden. Die Bundesverfassung und das Behindertengleichstellungsgesetz schreiben vor, dass Menschen mit Behinderung soweit möglich ein Ausgleich ihrer Nachteile zu gewähren ist. An den Mittelschulen ist es daher in gewissen Fällen angebracht, in Bezug auf die Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern mit körperlichen oder kognitiven Behinderungen einen Nachteilsausgleich zu gewähren.
Die Mittelschulen führen mit ihrem Abschluss der Maturität zur Hochschulreife. Neben dieser ist auch das Erreichen der nötigen Lernziele ein zwingendes Erfordernis zum erfolgreichen Absolvieren einer Mittelschulausbildung. Diese Regelung gilt für alle Schülerinnen und Schüler. Nachteilsausgleiche sind aus diesen Gründen mit einer gewissen Zurückhaltung zu erteilen. Es ist darauf zu achten, dass die Schülerinnen und Schüler mit einem Nachteilsausgleich gegenüber den andern Schülerinnen und Schülern nicht bevorteilt werden. Er ist dann angebracht, wenn eine Behinderung weder nur geringe Auswirkungen hat noch so starke, dass die Erreichung der Lernziele und der Hochschulreife praktisch verunmöglicht wird.
 

2. Voraussetzung

Die kognitive oder körperliche Behinderung muss durch ein aktuelles fachärztliches Attest belegt, konkret bezeichnet, bereits in den Jahren vor Eintritt in die KSH therapiert worden sein und - wenn sinnvoll - weiter therapiert werden. Konkret bedeutet dies, dass das Attest 

  • nicht älter als ein Jahr ist 
  • von einem Facharzt, dem Schulpsychologischen Dienst oder einer anderen unabhängigen Stelle wie z.B. der Jugendpsychiatrie ausgestellt wurde 
  • die genauen Einschränkungen, Therapiemöglichkeiten und bisherigen Therapien auflistet 
  • ausführt, inwiefern der Nachteilsausgleich angebracht sein könnte 
  • aufzeigt, ob eine aktuelle Therapie noch Fortschritte erbringen könnte.

Das Attest muss der Schule vorab vorliegen und kann nicht rückwirkend geltend gemacht werden. Es ist nicht Aufgabe der Lehrpersonen oder der Schulleitung, eine Behinderung zu erkennen.
 

3. Entscheid

Der Gesuchsteller (Schüler oder Schülerin bzw. deren Eltern) ist verpflichtet, das Vorliegen einer attestierten Behinderung der Schulleitung schriftlich mitzuteilen (Gesuch und Attest).
Der individuelle Nachteilsausgleich erfolgt in einer Vereinbarung zwischen der KSH und der betreffenden Schülerin oder dem betreffenden Schüler (sowie bei Unmündigen deren Eltern). Für die Vereinbarung ist die Schulleitung zuständig (nicht die Lehrperson). Sie nimmt Rücksprache mit der Schulpsychologin und den zuständigen Lehrpersonen. 
Die individuelle Vereinbarung wird von dem betroffenen Schüler oder der betroffenen Schülerin resp. deren Erziehungsberechtigten und dem Prorektor / der Prorektorin unterschrieben. Es besteht kein Rechtsanspruch auf den einen oder andern Nachteilsausgleich. Im Streitfall entscheidet die Schulleitung abschliessend. 

Die Mittelschulen des Kantons St.Gallen bieten keine Therapiemöglichkeit bzw. kein sonderpädagogisches Förderprogramm an.

Für Abschlussprüfungen sind vorgängig die Prüfungsbestimmungen bezüglich Nachteilsausgleich durch die Schulleitung festzulegen.
 

4. Massnahmen und Pflichten

Beispiele für Behinderungen mitsamt möglichen Nachteilsausgleichen: 

  • Asperger-Betroffene: räumliche Isolation bei Prüfungen, Gehörschutz bei schriftlichen Prüfungen, Rücksichtnahme bei mündlichen Prüfungen und Vorträgen (Inhalt wichtiger als Form) 
  • ADHS-Betroffene: räumliche Isolation bei Prüfungen, Gehörschutz bei schriftlichen Prüfungen, bei schweren Fällen stärkere Berücksichtigung der mündlichen Leistung
  • Dyslexie-Betroffene (Legasthenie): Prüfungszeitverlängerung in angemessenem Umfang bis maximal einem Viertel der regulären Prüfungszeit, stärkere Gewichtung der mündlichen Leistung, Prüfung in mündlicher anstatt schriftlicher Form, keine Bewertung der Rechtschreibung in nichtsprachlichen Fächern
  • Dyskalkulie-Betroffene: Prüfungszeitverlängerung in angemessenem Umfang (nur mathematische Fächer) bis maximal einem Viertel der regulären Prüfungszeit 
  • Körperliche Behinderungen: spezifischer Nachteilsausgleich bezogen auf die jeweilige Situation, kann weiter gehen als bei kognitiven Beeinträchtigungen 
  • In geeigneten Fällen können auch technische Hilfsmittel, wie z. B. ein Computer, eingesetzt werden.

Die Schulleitung ist in festgelegten Abständen über den Stand des therapeutischen Erfolgs zu informieren.
 

5. Geltungsbereich

Die internen Richtlinien zum Umgang mit behinderten Schülerinnen und Schülern an der KSH haben innerhalb der KSH Gültigkeit. Die Schulleitung, die Lehrpersonen und die Schülerinnen und Schüler respektieren die Richtlinien und wenden die beschlossenen Massnahmen an.
Die Schulleitung sorgt dafür, dass diese Richtlinien publik sind (Homepage) und für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung zur Anwendung kommen.
Die vorliegende Regelung stützt sich auf die Rechtsauskunft des Amtes für Mittelschulen "Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen an Mittelschulen" vom 30. August 2013.
Sie kann durch den Konvent nach Antragstellung und Beratung geändert werden.